“In Schweden sind sie geisteskrank”
Interview mit dem Deutschen Padel-Meister 2019 Christian Böhnke
Vor zwei Wochen hat Christian Böhnke, 23, zusammen mit seinem Partner Lennart Samuelsen, 31, zum ersten Mal die Deutsche Padel Meisterschaft gewonnen. Anlass genug um mit dem angehenden Jura-Referendar aus Lübbecke über das Turnier und den Padel-Sport an sich zu sprechen. Padel ist eine Mischung aus Tennis und Squash, bei dem man immer im Doppel in einer Art Glaskäfig spielt.
Als wir ihn am Telefon erreichen, ist er gerade in Spanien auf dem Weg zum Strand. Er erzählt uns wie es dazu kam, dass er mal mit dem Tennis-Star Alexander Zverev gespielt hat, warum der Sport gerade in Spanien so populär ist und warum er lieber mit einem Squash-Weltmeister spielen würde als mit einem Tennis-Grand-Slam-Sieger.
Einen genaueren Bericht zur Deutschen Meisterschaft findest du im Wochenrecap 07/20.
Magazin des unpopulären Sports (MUS): Bist du gerade in Spanien, um Urlaub zu machen oder um Padel zu spielen?
Christian Böhnke: Teils, teils. Einer meiner Sponsoren und Kumpels Cristobal Guzman hat hier seine Firma “Guzman’s Guzinos” und er hat mich eingeladen mir mal die Gegend und seine Fabriken zu zeigen. Und ein paar Mal am Tag zocken wir eine Runde Padel.
MUS: Wirst du als Padel-Sportler gesponsert?
Böhnke: Damit werde ich natürlich nicht meinen Lebensunterhalt verdienen, aber es ist super als Support für die ganzen Turnierreisen und Trainingslager, die ich immer machen. Er (der Sponsor, Anm. d. Red.) ist Deutsch-Spanier, ist total padel-verrückt und wohnt in Hannover. Trotzdem nimmt zweimal die Woche den langen Weg nach Espelkamp, wo ich herkomme, um von 21 Uhr abends bis ein Uhr nachts Padel zu zocken. Da habe ich ihn kennengelernt und wir verstehen uns super.
MUS: Kommen wir mal auf die Meisterschaft zu sprechen. Was ist dir durch den Kopf gegangen, als ihr im Finale den entscheidenden Matchball verwandelt habt?
Böhnke: “Endlich!”. Ich war mit Lennart und meinem vorherigen Partner in sechs Finals in Köln und habe jedes verloren, immer in drei Sätzen. Deshalb wurde es langsam mal Zeit. Wir waren schon sehr happy, dass es endlich mal geklappt hat.
MUS: War es denn der erste Matchball?
Böhnke: Ja, das war der Erste, da haben wir direkt Nervenstärke bewiesen. (lacht)
MUS: Habt ihr euch vor dem Turnier Hoffnungen auf den Titel gemacht?
Böhnke: Wir sind schon klar mit der Zielsetzung reingegangen, das zu gewinnen. Und wir wussten vorher: Es gibt drei, vier andere Teams mit denen man den Sieg ausmachen würde. An einem guten Tag gewinnst du, an einem schlechten Tag verlierst du.
MUS: Eure Finalgegner sind an Nummer 1 gesetzt in das Turnier gestartet und sind laut dem deutschen Ranking aktuell die beiden besten Padel-Spieler des Landes. Wie groß war der Respekt vor dem Spiel und was war am Ende ausschlaggebend für euren Sieg?
Böhnke: Wir kennen uns alle untereinander sehr gut und wissen das gut einzuschätzen. Wir haben letztes Jahr zweimal gegen die beiden gespielt und zweimal verloren. Wir wussten genau, wer am Ende zwei Stunden konzentrierter spielt, der gewinnt. Man konnte vor dem Spiel nicht wirklich sagen, wer favorisiert war und dann haben wir einen sehr guten Tag erwischt. Wir hatten viele Höhen und wenig Tiefen in dem Match.
MUS: Wie sah deine bzw. eure Vorbereitung auf das Turnier aus?
Böhnke: Mein Partner wohnt in Hamburg und ich wohne in Bielefeld, da ist eine gemeinsame Vorbereitung schwierig. In den letzten zwei Wochen vor dem Turnier war er zweimal in Kiel, weil es dort eine Padel-Halle gibt, und hat sich dort mit ein paar Jungs aus Hamburg vorbereitet. Ich bin drei Mal nach Essen gefahren, weil dort von Bielefeld aus die nächste Halle ist. Sonst habe ich versucht körperlich auf der Höhe zu bleiben, zu Hause ein bisschen Stabi gemacht, bisschen laufen gewesen, versucht ein bisschen gegen die Pille zu hauen. Das war es aber schon.
MUS: Wie kam es, dass du und Lennart Samuelsen als Doppel angetreten seid, obwohl ihr so weit entfernt voneinander lebt?
Böhnke: Ich hatte ursprünglich einen anderen Partner, mit dem ich angefangen habe Turniere zu spielen und mit dem ich zum ersten Mal für die Nationalmannschaft nominiert wurde. Der hat sich ein bisschen aus dem Padel-Business rausgezogen und dann musste ich gucken wie es weitergeht. Lennart hatte gefragt, ob ich auf einem Turnier in Nürnberg mit ihm spielen wolle. Ich kannte ihn schon von anderen Turnieren, wusste er ist ein super Typ und seitdem haben wir viele Turniere zusammen gespielt. Es passt super und wir machen auch außerhalb des Padel-Platzes viel zusammen.
MUS: Wie bist du zum Padel gekommen?
Böhnke: Ich habe früher vor allem Tennis gespielt und der Verein in Espelkamp hat ca. zwölf Jahre zweite Liga und ein Jahr erste Liga gespielt. Mit neun oder zehn bin ich dann dazu gekommen, mit dem großen Wunsch dort mal in der ersten Mannschaft zu spielen. Mit 18 konnte ich ein Jahr in der zweiten Liga mitspielen, aber dann haben sie gesagt, unsere Mannschaft ist so alt, wir spielen jetzt Ü30. Ich wollte nicht 12 Jahre warten und dachte, ich guck mich mal woanders um. In dem Jahr wurde zufällig der Padelplatz gebaut und das war dann wie ein fließender Übergang.
MUS: Was sind deine Ziele für die kommende Saison? Sowohl in Deutschland als auch Europa.
Böhnke: Die Nationalmannschaft-Nominierung ist wie jedes Jahr das Ziel. Wir versuchen so viele Turniere zu gewinnen, wie es geht. International reisen wir zu bis zu sechs Weltranglisten-Turnieren in Europa und versuchen dort die beste Ausbeute rauszuholen. Wir sind Realisten, bei der European Champions Trophy, werden wir nicht gewinnen. Für das Halbfinale müsste schon ein kleines Wunder passieren. Aber ein, zwei Runden gegen die internationale Elite zu gewinnen wäre schon ganz cool.
MUS: Was glaubst du, wie wird sich Padel in Deutschland in den nächsten Jahren entwickeln?
Böhnke: Das hängt von mehreren Faktoren ab. Es gibt momentan zwei Verbände und da gab es Machtspielchen, die aber dieses Jahr wohl zum ersten Mal als beendet angesehen werden können. Der Sport an sich ist der prädestinierte Volkssport. Den kannst du ohne Bedenken von 5 - 95 Jahre spielen. Es ist super gesellig, weil immer zwei gegen zwei spielen und deutlich einfacher als Tennis. Das heißt, Leute die vom Tennis kommen, fühlen sich sofort heimisch. Man sieht es auch an anderen europäischen Ländern, wo es momentan durch die Decke geht. Das wird hier in Deutschland etwas langsamer sein, weil es ein größeres und im Zweifel etwas skeptischeres Land ist. Aber ich bin davon überzeugt, dass es weiter wachsen wird, wie weit, das steht in den Sternen.
MUS: Warum glaubst du, dass Padel in Ländern wie Spanien so populär ist und in Deutschland überhaupt nicht? Woran liegt das?
Böhnke: Da gibt es unterschiedliche Erklärungen. In Spanien und Südamerika gibt es den Sport schon sehr lange und da kannst du das ganze Jahr über draußen spielen. Wenn man nach Frankreich guckt, da gehört der Padel-Verband zum Tennis-Verband, welcher der reichste der Welt ist. Die haben ein paar Millionen da reingeschossen und gesagt, wir gucken mal was passiert. Jetzt entstehen dort quasi an jeder Ecke neue Plätze. In Holland haben sie ein super gutes Modell gefunden, wie sie die das mit Tennisvereinen kombinieren können. Da gibt es inzwischen kaum noch einen ohne Padelplatz. Und in Schweden sind die Leute einfach geisteskrank. Das ist unfassbar, was die da auf die Beine stellen. Da entstehen Hallen mit acht Plätzen und du hast Investoren die dahinter stehen und von dem Thema überzeugt sind. Da baut Zlatan Ibrahimovic eine Halle und lädt Paul Pogba zur Einweihung ein.
Obwohl Böhnke bereits mit bekannten Sportlern wie Alexander Zverev (Tennis, links) und Arjen Robben (Fussball, rechts, 2.v.l.) gespielt hat, hat der Padelsport in Deutschland noch keine flächenmäßige Bekanntheit. Fotoquelle: Christian Böhnke
MUS: Bezogen auf die Fähigkeiten, würdest du lieber mit einem Squash-Weltmeister oder einem Tennis-Grand-Slam-Sieger zusammenspielen?
Böhnke: Boah, ganz schwierig. (überlegt) Nur ein Turnier, ohne dass er vorher schon gespielt hat? Oder jemand, mit dem ich die nächsten zwei Jahre zusammen spielen würde?
MUS: Ein Turnier und die Person hat vorher noch nie Padel gespielt.
Böhnke: Dann wäre es der Squash-Weltmeister. Das Element der Bande ist für einen Tennisspieler so unglaublich ungewohnt, dass der am Anfang überhaupt nicht damit klar kommt. Der Squashspieler ist das gewohnt und das ist wirklich elementar in dem Spiel. Wir haben zum Beispiel mal mit Alexander Zverev gespielt. Am Netz beim Volley machst du dem nichts vor, aber sobald der Ball gegen die Bande geht ist es natürlich ungewohnt. Das muss man üben und da ist der Squashspieler dem Tennisspieler überlegen.
MUS: Wie kam es, dass du mit Alexander Zverev gespielt hast?
Böhnke: Philipp Petzschner, der erfolgreiche deutsche Tennisspieler, hat in Köln, wo jetzt auch die Meisterschaft war, ein Charity-Event gemacht. Das hat bisher zweimal stattgefunden und wir auch dieses Jahr wieder stattfinden. Beim ersten Mal waren dann zum Beispiel Alexander Zverev, Sebastian Kehl, Patrick Owomoyela und Christoph Metzelder da.
MUS: Gibt es sonst noch etwas, dass du loswerden möchtest?
Böhnke: Mit Roger Federer würde ich gerne mal spielen. (lacht)
Die Fragen stellte Max Martens