“Viele müssen sich an meine teilweise strenge Art erstmal gewöhnen”

 
Christian Plesker (3.v.l.) in seiner Rolle als Quidditch-Bundestrainer bei einem Trainingslager in Schöppingen (NRW).© Angelika Hoof

Christian Plesker (3.v.l.) in seiner Rolle als Quidditch-Bundestrainer bei einem Trainingslager in Schöppingen (NRW).

© Angelika Hoof


Im August 2019 wurde Christian Plesker von den deutschen Quidditch-Teams zum neuen Bundestrainer gewählt. Seitdem bereitete er das Nationalteam zusammen mit seiner Co-Trainerin Lisa Struck auf die Weltmeisterschaft in den USA vor. Wegen der Corona-Pandemie wurde diese allerdings um ein Jahr auf 2021 verschoben.

Nun stellen sich zahlreiche Fragen. Schließlich wird der Bundestrainer-Job immer nur für ein Jahr vergeben. Steht Plesker auch für ein weiteres Jahr zur Verfügung, um das Team doch noch zur WM in die USA zu führen? Welche Konsequenzen hat die Verlegung für den bereits nominierten Kader? Diese Fragen beantwortet der 25-Jährige im exklusiven MUS-Interview. Außerdem spricht er über die Auswirkungen der WM-Verlegung auf sein unterbrochenes Studium und seine privaten Urlaubspläne.

Magazin des unpopulären Sports: Manche halten dich für den besten Spieler, der nie für das Nationalteam gespielt hast. Wirst du jetzt auch der beste Bundestrainer, der nie bei einem Turnier gecoacht hat?

Christian Plesker: Es kann passieren, aber ich hoffe nicht. Meine Motivation ist definitiv als Bundestrainer weiter zu machen. Ich sehe die Absage momentan als große Chance, weil wir jetzt mehr Zeit für die Vorbereitung auf die WM haben und zum Glück das Team noch zu der Entscheidung steht, weiterzumachen. Mit einem Team über eineinhalb Jahre eine Vorbereitung zu haben, wäre mega. Das ist natürlich mit mehr Arbeit verbunden, aber wenn ich als Bundestrainer wiedergewählt werde, dann hoffe ich, der beste Bundestrainer aller Zeiten zu werden. Also bis jetzt.

MUS: Du stehst also für ein weiteres Jahr zur Verfügung. Mit dem DQB hast du offenbar bereits Gespräche über die Zukunft geführt. Wie verliefen diese Gespräche?

Plesker: Lisa und ich haben dem DQB deutlich gemacht, dass wir Klarheit über die neue Saison wollen. Der nächste Bundestrainer sollte schließlich möglichst früh anfangen. Das wäre das Beste für alle. Deswegen haben wir uns mit den DQB-Verantwortlichen getroffen und gesagt, dass die Wahl des Bundestrainers bzw. der Bundestrainerin für die Saison 20/21 frühmöglichst angesetzt werden sollte. Eine solche Wahl hat ja auch gewisse Fristen und muss lange genug ausgeschrieben sein.

MUS: Du sprichst vom “wir”. Wie sieht es mit deiner Co-Trainerin Lisa Struck aus? Wollt ihr auch als Tandem in die neue Saison gehen?

Plesker: Ja. Das war definitiv eins meiner Kriterien, um die Arbeit fortzuführen. Lisa und ich haben uns jetzt eingespielt. Viele Spieler*innen müssen sich an meinen Ansatz und die dann aber doch teilweise strenge Art erstmal gewöhnen. Lisa ist was dieses Thema angeht eine sehr gute Ansprechpartnerin fürs Team und ergänzt mich so optimal. Deshalb ist es für mich wichtig, dass sie weitermacht.

“Das aufzugeben, wäre schlecht für Deutschland”

Plesker als Spieler am Ball für die Darmstadt Athenas beim Open Dutch Summer Cup.© Bruggeling Quidditch Photography

Plesker als Spieler am Ball für die Darmstadt Athenas beim Open Dutch Summer Cup.

© Bruggeling Quidditch Photography

MUS: Angenommen ihr werdet wiedergewählt. Was ist dein Plan für Spieler*innen, die in der aktuellen Saison keine Zeit gefunden hatten, aber für 2021 Teil der Natio sein wollen? Wird es erneut Auswahltrainings geben?

Plesker: Das ist eine spannende Frage. Ich denke, wir sollten diese Chance nutzen. Das geht allerdings nur, wenn wir große Teile des aktuellen Kaders zusammenhalten können. Denn dieses Team hat sich mittlerweile eingespielt, sie haben sich auch auf uns als Coaches eingestellt. Wir haben viel an der Taktik feilen können, die sitzt jetzt. Aber nichtsdestotrotz haben wir leider ein paar Verluste, die jetzt zeitlich oder finanziell nicht mehr die Möglichkeit haben weiter dabei zu bleiben. Das heißt wir werden definitiv nochmal neuen Spieler*innen die Möglichkeit geben.  

MUS: Wie würde der neue Auswahlprozess aussehen?

Plesker: Es wird wahrscheinlich erst ein Bewerbungsverfahren eröffnet, damit Leute zeigen können, dass sie Interesse haben. Dann schauen wir wie viele das sind und reagieren spontan. Wenn es viele sind, machen wir nochmal ein Auswahltraining. Wenn es nur vier oder fünf sind, die definitiv das Potential haben, dann laden wir die einfach zu einem Trainingslager ein.

MUS: Und wenn du nicht wiedergewählt werden solltest, was passiert dann mit den Kaderplätzen? Hast du da Einfluss?

Plesker: Mehr als ein gutes Wort wahrscheinlich nicht. Natürlich wird der Job erstmal ausgeschrieben und gewählt. Ich bin motiviert und hoffe wiedergewählt zu werden. Es kann aber auch passieren, dass jemand anderes gewählt wird. Dessen Entscheidungen sind erstmal frei. Ich werde ihm*ihr natürlich nahelegen, das Team als Ganzes erstmal zu sehen, weil es ein halbes Jahr zusammen war. Wir waren zusammen in Frankreich, wir haben zusammen viel durchgemacht. Das einfach aufzugeben, wäre in meinen Augen für Deutschland schlecht.

“Ich hoffe, ich kriege das gut gebalanced”

2019 gewinnt Plesker mit den Darmstadt Athenas die zweite Deutsche Meisterschaft in Folge. Im Finale besiegen sie die Rheinos Bonn.© Anica Neumann

2019 gewinnt Plesker mit den Darmstadt Athenas die zweite Deutsche Meisterschaft in Folge. Im Finale besiegen sie die Rheinos Bonn.

© Anica Neumann

MUS: Du meintest bereits, du findest es gut, mehr Zeit für die Vorbereitung zu haben. Was würdest du gerne mit dem Team vertiefen?

Plesker: Den ganzen Feinschliff. Wir haben sowohl in der Abwehr als auch im Angriff mehrere Systeme etabliert. Das kann man jetzt weiter stärken. So stehen wir im internationalen Vergleich auch besser da. Nur mal als Vergleich: Die Australier haben grundsätzlich immer zwei Jahre, um sich vorzubereiten (weil sie kein kontinentales Turnier spielen, Anm. d. Red.). 

MUS: Du hast diese Saison mit dem Studium pausiert, um dich voll auf den Job als Bundestrainer zu konzentrieren. Wie ist da der Stand, was die Zukunft angeht?

Plesker: Ich hatte das Studium ein bisschen zurückgestellt, um die enorme Last, die so ein Trainerjob mit sich bringt, zu stemmen. Jetzt werde ich jedoch meine Masterarbeit anfangen. Da bin ich glücklicherweise ziemlich flexibel. Ich muss aber außerdem auch noch arbeiten. Wir werden schauen. Das heißt aber auch nicht, dass der Trainerjob schwerer werden muss, weil er jetzt länger dauert. Lisa und ich sind eingespielt, es geht alles etwas schneller. Ich habe zum Glück ein Team, das hinter mir steht. Damit meine ich nicht nur die Spieler*innen, sondern auch Antonia (Schmidt, Anm. d. Red.) hilft uns fleißig. Und auch Noel (Moutin, Anm. d. Red.) als Betreuer, der jedes Trainingslager dabei ist. Ich kann auch viel an die Spieler*innen abgeben. Leander (Troll, Anm. d. Red.) hat zum Beispiel einmal das Essen übernommen und manche haben sich darum gekümmert, die Trainingslager zu finden. Ich hoffe, ich kriege das gut gebalanced mit der anstehenden Arbeit und dem Semester. Oder wir holen uns noch jemanden dazu. Das steht noch aus, weil auch Lisa gesagt hat, ein ganzes Jahr wird’s zeittechnisch ein bisschen knapp. Das heißt wir sind offen, wenn wir noch eine*n Coach-Bewerber*in finden. Das wird nicht ausgeschlossen, aber wir versuchen erstmal so weiterzuarbeiten.

MUS: Was ist mit deinem gebuchten Flug in die USA? Machst du dort jetzt Urlaub?

Plesker: Ich habe das zusammen mit einem Kumpel gebucht. Wir wollten ein USA-Reise machen. Jetzt wird das Ganze wahrscheinlich storniert, wenn ich das Glück habe...Sonst hätte ich dann einen Reisegutschein - und hoffe natürlich, den auch zur WM anwenden zu können. Wenn nicht, dann wird es halt der Urlaub.

“Es ist ein Stress, der von einem abfällt”

MUS: Du hast jetzt fast ein Jahr als Bundestrainer erlebt. Gab es etwas, das du ganz anders erwartet hattest? Gibt es etwas, das du dem Christian Plesker vom Sommer 2019 sagen würdest? 

Plesker: Es sind Höhen und Tiefen. Ich hätte nicht erwartet, wie unglaublich begeisternd, aber auch unglaublich anstrengend das ist. Man kann sich nicht ausmalen, wie viel Arbeit in ein Trainingslager reingeht. Dann steht man da und das Team wächst nach und nach zusammen. Und zu sehen, dass es funktioniert ist mega begeisternd. Man hat Bock mit den Leuten zu arbeiten, man kommt da gerne wieder hin, weil irgendwann kennt man sich. Aber nach jedem Trainingslager merkt man auch, wie unheimlich anstrengend es ist. Es sind 40 Leute, die Planung geht Wochen vorher schon los, teilweise schon Monate. Danach ist es ein Stress, der von einem abfällt, das hätte ich auch nicht erwartet.

MUS: Gibt es noch etwas, das du sagen möchtest?

Plesker: Grüße an das Nationalteam und an jede*n Quidditch-Spieler*in in Quarantäne. Haltet durch! Ich weiß, bei der Sonne juckt es unter den Fingern, aber es wird wieder die richtige Zeit kommen. Habt Geduld,startet langsam und bleibt gesund. Wir sehen uns bald wieder!

 

Die Fragen stellte Max Martens


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